Der Vylaania-Zyklus Gesamtband
(alle drei Bände des Vylaania-Zyklus in einem eBook oder Taschenbuch)
Leseprobe
„Wir müssen hier raus, meine Geduld ist am Ende und ich habe nicht vor, hier zu warten, ehe sich jemand bequemt, mit uns zu sprechen!“
„Und dann, Alvion?“, fragte Lyria und richtete sich auf. „Was hast du dann vor?"
„Das überlegen wir, wenn wir es tatsächlich geschafft haben, von hier zu entkommen.“
„Nein, Alvion, wir sollten jetzt wissen, was unsere nächsten Schritte sind, sonst können wir genauso gut hier bleiben, statt ahnungslos durch Ulyssa zu laufen!“
Alvion blickte seine Schwester, die ihm nun gegenüberstand, misstrauisch an und wollte zu einer schroffen Erwiderung ansetzen, doch er besann sich anders und seine Gesichtszüge entspannten sich nach kurzer Zeit.
„Du hast recht, es wird Zeit, dass wir zielstrebig und planvoll vorgehen. Ich würde sagen, wenn wir hier herauskommen, sehen wir zu, dass wir danach auch die Stadt verlassen. Ulyssa ist in den falschen Händen und ich sehe anhand der Lage, wie sie uns Farsa beschrieben hat, eigentlich keine Möglichkeit, von hier aus nach Alatyra zu gelangen.“
„Und wie willst du es stattdessen erreichen?“, fragte Lyria beharrlich um Alvion zu beschäftigen und von seiner Wut abzulenken.
„Es gibt genügend Dörfer zu beiden Seiten Ulyssas. Irgendwo finden wir dann hoffentlich eine Möglichkeit, ein Boot zu bekommen und es selbst zu versuchen, sonst …“
„Du willst allein auf einem Boot aufs offene Meer? Bist du von Sinnen, Alvion Trey?“, fiel sie ihm entgeistert ins Wort.
„Es sind im höchsten Fall tausend Meilen“, ließ sich Alvion nicht beirren. „Tian und ich sind im letzten Jahr wesentlich weiter auf dem offenen Meer gesegelt. Es ist mitten im Sommer, daher bestehen gute Aussichten, dass wir es unbeschadet schaffen. Die Stürme kommen erst im Herbst.“
„Und wenn wir an der Insel vorbeisegeln?“
„Alatyras Küsten sind lang, Lyria. Wenn wir in südwestlicher Richtung segeln, können wir gar nicht daran vorbeifahren! Aber erst müssen wir sehen, dass wir …“
Abrupt hörte Alvion auf zu sprechen und blickte in Lyrias Gesicht, die ihm bestätigend zunickte. Sie spürte es auch. Es fühlte sich an, als würde ein eisiger Windhauch durch den Raum wehen. Die Härchen auf ihren Armen richteten sich auf und Schauder liefen ihnen den Rücken hinab, dann fühlten sie beide das altbekannte Kribbeln, dass sie schon oft im Nacken verspürt hatten, wenn Magie in ihrer Nähe gewirkt wurde, nur dass es sich diesmal nicht auf den Nacken beschränkte, sondern am ganzen Körper zu spüren war.
„Was bei Chioras Abgründen ist das?“, fragte Alvion mit leichter Verärgerung in der Stimme, als die Erscheinung nicht abklingen wollte. Er war mehr verwundert und neugierig als besorgt, bis er sah, dass alle Farbe aus Lyrias Gesicht gewichen war und ihre Beine nachzugeben drohten. Er sprang ihr zur Seite und stützte sie, bis sie sich auf den Rand ihres Bettes gesetzt hatte.
„Lyria, was ist los?“, fragte er mit sorgenvoller Stimme. Obwohl seine Schwester reagierte und ihm das Gesicht zuwandte, hatte Alvion das Gefühl, als würde sie durch ihn hindurch starren. Statt auf seine Frage zu antworten, begann sie, mit tonloser Stimme zu sprechen.
„Sie sind vom selben Blut wie wir, denn auch sie sind Lynias Kinder, doch aus Liebe wurde Hass und mit Zorn und Wut fielen sie über ihre Geschwister her, mit denen sie einst friedlich beieinander gelebt hatten. Die gramgebeugte Lynia griff ein und bewahrte uns vor der endgültigen Vernichtung. Ohne unsere gütige Mutter wären wir alle dem Verderben anheimgefallen, doch ihr Schmerz wurde noch vergrößert, als sich die anderen von ihr lossagten. Lynias Vater, der große Ennos, und ihr Bruder Talatas brachten sie fort, an einen Ort, wo sie sich erholen konnte. Talatas selbst sorgte danach dafür, dass sich Lynias Kinder nicht länger bekämpfen konnten, und führte einen Teil von ihnen fort aus Velia, auf die andere Seite dieser Welt, wo er jenseits des Ewigen Ozeans Land schuf und es ihnen gab, auf dass einstige Geschwister nunmehr ewig voneinander getrennt wurden und sich nie wieder bekämpfen konnten. Bewegt vom Zorn gegen die Mutter und von Dankbarkeit gegenüber Talatas sagten sie, die sich einst selbst ’Lynen’ nannten, von ihrer Mutter los. Sie benannten ihre neue Heimat nach ihrem Retter ’Talata’ und sich selbst bezeichneten sie von da an als ’Talaren’. Seitdem herrscht Ruhe auf der Welt, doch wisset, wenn ihr dereinst die Zeichen der Magie verspürt, gepaart mit dem eisigen Hauch, so seid euch gewiss, dass sie wiedergekehrt sind, um zu vollenden, was ihnen einst verwehrt blieb!“
Nachdem Lyria geendet hatte, wirkte es so als würde ihr Blick mit einem Mal in die Wirklichkeit zurückkehren.
„Was hat das zu bedeuten, Lyria?“, fragte Alvion nun ratlos, da er weder vom Land Talata noch von den Talaren jemals etwas gehört hatte. Beinahe beiläufig bemerkte er, dass die seltsame Erscheinung mittlerweile verschwunden war.
„Das war ein uralter, lynischer Sagentext, Alvion. Ich habe ihn auf der Akademie gehört und war damals vollkommen ergriffen davon. Offenbar gab es in längst vergangenen Zeiten einen gewaltigen Krieg unter den Lynen, der beinahe ganz Velia vernichtet hätte, so lange bis Lynia, Ennos und Talatas dem ein Ende machten und die zerstrittenen Parteien trennten. Seit jenen Zeiten leben jene, die unsere Ahnen beinahe vernichtet hätten, auf einem großen Kontinent namens Talata am anderen Ende der Welt, doch wie es in der Sage schon heißt, seit jeher lebte in den Lynen die Furcht, dass die Talaren zurückkehren würden, um die Vernichtung zu vollenden, jedenfalls so lange, bis die Lynen auf Geheiß der Götter Velia verließen.“
„Nach so langer Zeit kannst du ihn noch auswendig?“, fragte Alvion, dem der Text auf Anhieb zu einseitig erschien. Doch das behielt er vorläufig für sich.
„Es hat mich damals sofort in seinen Bann gezogen, so als wären mir die Zeilen unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt worden!“
Inmitten ihres Gespräches wurde der Riegel beiseitegeschoben und einen Augenblick später schwang die schwere Holztüre ihres Gefängnisses auf und der Anführer der Gruppe, die sie gefangen genommen hatte, betrat den Raum. Eine Weile standen sie ihm schweigend gegenüber, während er sie interessiert musterte, wobei sich sein Gesicht in Falten legte. Außerdem hatte er bereits einige graue Strähnen im hellbraunen Haar, was darauf hindeutete, dass er um die Fünfzig sein musste. Ohne ein Wort gesprochen zu haben, drehte er sich um, verließ den Raum wieder und begann ein kurzes, geflüstertes Gespräch mit jemandem, der ihren Blicken noch verborgen blieb. Dann erschien die hochgewachsene Gestalt einer Frau in der Tür, die hinter ihr von einem anderen Mann geschlossen wurde. Auch sie musterte Alvion und Lyria erst einmal schweigend, was ihnen die Gelegenheit gab, das Gleiche zu tun. Ihr Gesicht war ebenmäßig, ohne Falten und von einem milden Bronzeton, wie sie ihn auch hatten und was Alvion wie Lyria sofort auffiel, war, dass ihre Gesichtszüge die einer Lynin waren, was man aber nur bemerken konnte, wenn man – wie die beiden Geschwister – bei einem Volk aufgewachsen war, das diesen entstammte. Langes, glattes und pechschwarzes Haar fiel ihr über die Schultern, wodurch sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Lyria bekam, nur dass ihre Augen nicht leuchtend blau, sondern grün waren. Ihre Gestalt war schlank und wohlgeformt und sie war beinahe so groß wie Alvion und damit ein Stückchen größer als Lyria. Ihre Kleidung passte sich dem erhabenen Eindruck ihrer Gestalt an: Sie trug ein purpurfarbenes Hemd, das ihr bis zu den Ellenbogen reichte und aus Seide zu sein schien, dazu einen leuchtend blauen Rock bis über die Füße. Ihre Unterarme und auch ein Teil ihres Halses waren bedeckt mit kunstvollen, ineinander verschlungenen, gestochenen Verzierungen, wie beide sie noch niemals gesehen hatten. Sie war eine äußerst schöne Frau und in Zeiten vor Salina hätte Alvion wohl keinen Augenblick gezögert, sie zu verführen oder es zumindest zu versuchen, so viel gestand er sich bereits jetzt widerwillig ein.
„Mein Name ist Mytia und ich möchte euch gerne als Gäste hier bei Lares willkommen heißen, doch um euren Aufenthalt in diesem Raum zu beenden, habe ich eine Bedingung“, sagte sie mit wohlklingender Stimme.
„Welche da wäre?“, erkundigte sich Lyria mit leicht feindseligem Unterton.
„Wenn ich euch verspreche, dass euch hier nichts geschieht, gebt ihr mir dann euer Wort, dass ihr nicht zu fliehen versucht?“
„Was bedeutet dir denn unser Wort?“, erwiderte Lyria, während Alvion bereits wütend mit den Zähnen knirschte, da er bereits ahnte, was nun kommen würde.
„Macht euch nichts vor!“, sagte Mytia spöttisch. „Ich weiß genau, woher ihr beide stammt, dazu brauche ich mir nicht einmal das lyranische Wappen auf euren Hemden genauer anzusehen.“ Sie wies mit dem Finger auf ihre blauen, jetzt ohne die darunter getragenen Kettenhemden etwas weiten Hemden, ehe sie fortfuhr. „Ihr seid Lyraner,...
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